Neue Medikamente

Die neuen Thrombopoietin-Rezeptor-Agonisten (TRAs) Romiplostim (Nplate®) und Eltrombopag (Revolade®)

Thrombopoietin ist ein körpereigenes Hormon, dass die Neubildung von Thrombozyten fördert (vergleichbar dem Erythropoietin bei roten Blutkörperchen) Bei ITP-Patienten sind die Thrombopoietinspiegel im Vergleich zu gesunden Menschen zwar häufig erhöht, aber nicht so hoch wie bei anderen Erkrankungen mit vergleichbarem Thrombozytenmangel. Man spricht deshalb von einem relativen Thrombopoietinmangel. Romiplostim (Nplate®) ist seit Februar 2009 in der Bundesrepublik zugelassen, Eltrombopag (Handelsname in den USA PromactaTM, Handelsname in Europa Revolade®) seit März 2010.

Romiplostim (Nplate®) wird als Injektion unter die Haut einmal pro Woche gegeben. Der Hersteller von Romiplostim (Nplate®) empfiehlt, dass die Behandlung nur unter Aufsicht eines Arztes erfolgt. Die Dosis von Romiplostim (Nplate®) wird an die Thrombozytenzahl angepasst. Man beginnt mit einer Dosis von 1 µg/kg (d.h. ein 80 kg schwerer Patient bekommt beim ersten Mal 80 µg). In der folgenden Woche werden dann die Thrombozyten gemessen und die Dosis erhöht, bis die Werte über 50.000/µl liegen und klinisch relevante Blutungen nicht mehr auftreten. Sie sollten aber nicht über 200.000/µl ansteigen, dann muss die Dosis reduziert oder gar ausgesetzt werden. Es ist nicht das Ziel, normale Thrombozytenwerte zu erreichen. Wenn die Thrombozyten gerade über 50.000/µl ansteigen reicht das meist völlig aus. Es ist die Erfahrung vieler Ärzte, dass die Thrombozytenzahl bei den wöchentlichen Untersuchungen stark schwanken kann, besonders in der Anfangsphase der Therapie. Man sucht schließlich eine Dosis, bei der die Thrombozyten mindestens 4 Wochen hintereinander über 50.000/µl liegen. Danach sollten die Werte monatlich überprüft werden. Die einmal pro Woche anzuwendende maximale Dosis darf 10 μg/kg nicht überschreiten (bei einem 80 kg schweren Patienten wären das max. 800 µg). Für weitere Details sprechen Sie bitte Ihren Arzt an. Die Dosis sollte nur durch einen im Umgang mit TRAs erfahrenen Arzt festgelegt werden.

Eltrombopag (Revolade®) nimmt man täglich als Tablette ein. Der Hersteller von Eltrombopag (Revolade®) empfiehlt, dass man die Tablette erst 4 h nach einer kalzium-, magnesium-, aluminium – oder eisenhaltigen Mahlzeit (Magensäureblocker wie z.B. Maaloxan, Milchprodukte, Vitamintabletten, Eisensubstitution bei Anämie) einzunehmen. Die Einnahme auf nüchternen Magen oder zur Nacht, vor dem Zubettgehen, erscheint für viele Patienten am besten praktikabel. Man beginnt in der Regel mit einer Anfangsdosis von 50 mg täglich. Patienten asiatischer Herkunft sprechen stärker auf Eltrombopag (Revolade®) an, hier muss eine niedrigere Anfangsdosierung von 25 mg gewählt werden. Nach Beginn der Behandlung sollte auch bei Eltrombopag (Revolade®) die Dosis so angepasst werden, dass eine Thrombozytenzahl von >50.000/μl erreicht und aufrecht erhalten wird, um das Risiko von Blutungen zu reduzieren. Man wartet nach einer Dosisänderung immer 2 Wochen, bis diese weiter gesteigert oder reduziert wird. Eine Dosis von 75 mg pro Tag sollte nicht überschritten werden. Bei Eltrombopag (Revolade®) ist der Zielbereich der Thrombozytenzahl >50.000/µl. Ab 150.000/µl muss die Dosis wieder reduziert, bei >250.000/µl ganz ausgesetzt werden. Die Dosis sollte nur durch einen im Umgang mit TRAs erfahrenen Arzt festgelegt werden. Für weitere Details sprechen Sie bitte Ihren betreuenden Hämatologen an.

Wann gibt man die neuen TRAs und wann sind sie nicht zwingend notwendig

Die Entscheidung zur Therapie mit TRAs sollte sich primär an der Blutungsneigung, nicht an der Thrombozytenzahl orientieren. Die TRAs Romiplostim (Nplate®) und Eltrombopag (Revolade®) sind nur für Patienten, denen bereits die Milz entfernt wurde oder bei denen eine Milzentfernung kontrainidizert wäre in der Bundesrepublik zugelassen. In Studien erreichen ca. 80% dieser bisher therapierefraktären Patienten einen Anstieg der Thrombozytenzahl über 50.000/µl. Ernsthafte Blutungen treten unter TRAs wesentlich seltener auf. Die meisten Patienten können ihre bisherige immunsuppressive Medikation, zumeist Steroide („Cortison“), reduzieren oder ganz absetzen.

Bei splenektomierten und weiterhin thrombozytopenen Patienten mit schweren oder transfusionspflichtigen (WHO °III oder IV-Blutungen) besteht eine klare Indikation für die Therapie mit TRAs.

Bei splenektomierten, thrombozytopenen Patienten mit geringer oder gänzlich fehlender Blutungsneigung (WHO °0, I und II) ist die Indikation nicht gesichert. Hier sollen Nutzen und Risiken mit dem Patienten besprochen und eine individuelle Entscheidung gefunden werden.

Bei einigen wenigen Patienten wurde beschrieben, dass man Eltrombopag (Revolade®) oder Revolade (Nplate®) abgesetzt hat und dass die Thrombozytenzahl danach nicht abgefallen ist. Wie lange dies anhält und ob diese wenigen Patienten wirklich geheilt sind, muss abgewartet werden.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen von TRAs sind Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen. Wichtige weitere Nebenwirkungen von TRAs sind:

(1) Beim abrupten Absetzen von Romiplostim (Nplate®) kann es zu einem überschießenden Abfall der Thrombozytenzahl unter die Ausgangswerte kommen. Dies wird bei Eltrombopag  (Revolade®) bisher nicht als medikamenten-spezifischer Effekt beschrieben.

(2) Bei Eltrombopag (Revolade®) werden Leberwerterhöhungen berichtet. Während der Behandlung mit Eltrombopag (Revolade®) sollten regelmäßig die Leberwerte kontrolliert werden.

(3) Sowohl unter der Behandlung mit Romiplostim (Nplate®) als auch mit Eltrombopag (Revolade®) wurden Thrombosen beobachtet. Retrospektive Studien haben jedoch gezeigt, dass ITP-Patienten auch ohne TRAs ein erhöhtes Thrombose-Risiko tragen. Insofern muss der Kausalzusammenhang offen bleiben. Bei Patienten mit Thrombophilie oder Thrombosen in der Vorgeschichte sollte die Indikation zur Gabe von TRAs kritisch gestellt werden.

(4) Es liegen Einzelbefunde vor, die bei einigen wenigen Patienten eine leichtgradige Retikulinfaser-Vermehrung im Knochenmark zeigen. Aufgrund der bisher nur sehr begrenzten Daten ist es nicht möglich abzuschätzen, ob die Dauertherapie mit Thrombozyten-Wachstumsfaktoren einer Knochenmarksfibrose auslösen kann. Eine regelmäßige Kontrolle des Blutausstriches auf Veränderungen, die auf eine beginnende Knochenmarksfibrose hinweisen könnten, wird empfohlen, ebenso eine Knochenmark-Punktion mit zusätzlicher Retikulinfaserfärbung vor Beginn der Therapie und eine erneute Punktion nach einem Jahr.

(5) Bei zwei Patienten mit Romiplostim (Nplate®) wurden bisher neutralisierende Anti-Romiplostim-Antikörper beobachtet, die nach dem Absetzen von Romiplostim (Nplate®) wieder verschwanden. Für Eltrombopag (Revolade®) ist dergleichen bisher nicht beschrieben.

zurück